1869: Hart am Wind!

Andere Titel:
1869: Erlebte Geschichte Teil 1 / 1869 – Hart am Wind! / 1869 – Erlebte Geschichte Teil I / 1869: History Experience Part I [en]
Firma:
Max Design
Jahr:
1992
Systeme:
Amiga (OCS) / PC (DOS) / PC (VGA)
Genre:
Strategie
Tags:
Geschäftswelt / Historisch / Multiplayer / Schifffahrt / Logistik
Sprachen:
Deutsch / Englisch

Meinung damals

1869 ist eine mitreißende Handelssimulation, die jeden Reeder auf seinem Klipper begeistern muß.

Amiga Games 10/92 

1869 ist also eine funkelnde Gemme im derzeit gut gefüllten Schatzkästchen der Wirtschaftssimulationen mit Historien-Appeal, allenfalls Der Patrizier kann da noch mithalten.

Joachim Nettelbeck, Amiga Joker 09/92 

Wenn jemand so eine alte Game-Idee so neu rüberbringt und dazu noch eine Riesenmenge an Gags einbaut, dann kann es nur eine Bewertung geben: „sehr gut“

ASM 08/92 

Für BWL-Studenten zumindest, sollte das Spiel auf jeden Fall als Prüfungsfach eingeführt werden.

Play Time 11/92 

Es bleibt eine realitätsnahe Handelssimulation mit Pfiff. Wer sich bereits am Patrizier erfreut, sollte auf jeden Fall in 1869 reinschauen.

Knut Gollert, Power Play 08/92 

Bericht von Mr Creosote (13.11.2021) – Amiga (OCS)

Gerade hatte man sich aus Gütersloh heraus der Hanse gewidmet (Der Patrizier), da wurde es nur wenige Monate später noch absurder und aus der österreichischen Provinz kam mit 1869 ein Spiel, das den weltweiten Seehandel des Imperialismus simulierte. Was man, abgesehen von ein paar kleinen im Spiel eingebauten Scherzen (siehe die Beschreibung der Stadt Trieste) jedoch niemals gemerkt hätte, so durch und durch poliert und hochprofessionell wirkte das Spiel. Dass Geschäftsneulinge dahintersteckten, war kaum zu glauben. Aber, tja, es war halt immer noch die ausgehende Zeit der Schlafzimmerentwickler.

Schönes Schiff, aber der Preis ist leider nicht verhandelbar
Schönes Schiff, aber der Preis ist leider nicht verhandelbar

Auf einer schön gezeichneten Weltkarte dirigiert man seine Schiffe rund um den Globus. Oder, na ja, erstmal nur einen abgehalfterten, kleinen Kahn. Von Hafen zu Hafen transportiert man Waren in der Hoffnung, sie woanders profitabel abstoßen zu können. Wobei natürlich die naive Sicht, einen höheren Verkaufs- als Einkaufspreis zu erzielen, noch nicht ausreicht, denn laufende Kosten für die Mannschaft, Steuern, Reparaturen usw. sind natürlich zu berücksichtigen. Wie seit damals üblich hat das alles keinen tieferen Sinn: Ganz Turbokapitalist gewinnt derjenige Spieler, der am Ende des eingangs eingestellten Zeitraums (5 – 25 Jahre) das meiste Geld gescheffelt hat.

Die historische Periode ist dabei klug gewählt. Der wirkliche Welthandel befand sich noch in der Entstehung. Es war eine Zeit großer wirtschaftlich motivierter Konflikte – der amerikanische Bürgerkrieg, die Opiumkriege – aber auch industrieller Fortschritte, wie die namensgebende Eröffnung des Suez-Kanals oder der Siegeszug der aufkommenden Dampfschifffahrt. Die sich insofern im Fluss befindliche Welt wird im Spiel akribisch durch fest einprogrammierte Ereignisse simuliert.

100 Ballen Seide, bitte
100 Ballen Seide, bitte

Die schöne Grafik und die Menüs im Adventure-Dialog-Stil laden zum direkten Losspielen ein, nur die Bedienung steht teilweise im Weg. Das Verschicken eines Schiffs ist nur mittels eher unintuitiver Rechts-Links-Klickkombinationen zu schaffen und den Überblick über die Bilanzen mit ihren Einstellungskombinationen zu behalten, ist ebenfalls alles andere als trivial. Doch mit etwas Routine ist das immerhin erlernbar.

Schwerer zu verdauen ist dagegen mittelfristig der sehr hohe Schwierigkeitsgrad. Ein auf Dauer profitables Unternehmen zu führen, ist selbst bei intensiver Beschäftigung nicht nur eine Frage des Talents und guter Planung. Einige Fleißarbeit wird ohnehin vorausgesetzt: Die Einkaufs- und Verkaufspreise aller Häfen zu tabellieren, ist Grundvoraussetzung. Doch selbst dann muss man irgendwann erkennen, dass die Profitmargen regulärer Handelsrouten sehr klein sind. Im besten Fall gerade mal genug, die laufenden Kosten zu decken.

Das war's dann wohl
Das war’s dann wohl

So richtig aufpeppen kann man das Firmenkonto dagegen durch Übernahme besonderer Aufträge oder eben die Reaktion auf globale Ereignisse. Waffenlieferungen in Kriegsgebiete bringen hohe Profite, wenn man sich denn an der feindlichen Marine vorbeischleichen kann. Tee nach London zu bringen wird beinahe genauso reich belohnt, doch (insbesondere vor Existenz des Suez-Kanals) der Weg von Indien dorthin ist weit und die Ware hochverderblich. Alles, was wirklich Profit bringt, ist somit auch hochriskant.

Was einen gewissen Sinn ergibt, spieltechnisch jedoch leider unzureichend umgesetzt ist. Auf Seeblockaden in Kriegen kann der Spieler überhaupt keinen Einfluss nehmen – es handelt sich um ein reines Zufallsereignis. Wind- und Strömungskarten, um Fahrzeiten zu berechnen, liegen dem Spiel immerhin bei. Darüber hinaus können Mannschaften verschiedener Qualität angeheuert und der Kapitän angewiesen werden, wie mit den Männern umzuspringen ist. Also scheinbar genug Einflussmöglichkeiten auf die Fahrzeit, oder? Ja, theoretisch. Nur ist der Einfluss dieser Einstellungen nicht wirklich nachvollziehbar messbar, was die Auswahl aus Dutzenden möglicher Kombinationen desto absurder macht.

Das Geschichtsbuch verrät, wann die Aufstände enden werden
Das Geschichtsbuch verrät, wann die Aufstände enden werden

Dazu kommt, dass so sehr sich die Welt scheinbar im Fluss befindet, dies wie erwähnt eben doch nur durch statisch vorbestimmte Ereignisse geschieht. Eine wirkliche Simulation der Spielwelt innerhalb des Spiels findet nicht statt. Dass sich das tabellieren aller Preise lohnt, liegt natürlich auch daran, dass diese Preise über die Spielzeit statisch und bei jedem Spiel gleich sind. Man sollte meinen, dass mit der Anlieferung großer Mengen einer Ware deren Preis in einem Hafen sinken sollte. Aber nein, der einzige Effekt ist, dass temporär der Ankauf ganz eingestellt wird. Nur um wenige Tage später wieder auf den Ausgangspreis zurückzuschnellen.

Ein hoher Schwierigkeitsgrad für sich ist nicht notwendigerweise Grund für Klagen. Im Fall von 1869 entsteht dieser jedoch aus den falschen Gründen. Die Grundeinstellungen sind bereits zu scharf justiert und der Zufall schlägt zu hart zu. Die Bandbreite wirklich relevanter, strategisch-planerischer Spielerentscheidungen ist – versteckt hinter sehr viel pseudo – dagegen im verschwindend irrelevanten Maße gering. 1869 ist ein Spiel, das viel sehr schönes Drumherum bietet, aber ausgerechnet in seinem zu simpel gestrickten, eigentlichen spielerischen Kern scheitert.

Archivierte Berichte

Bericht von Mr Creosote (06.11.2005) – Amiga (OCS)

Ende 1992 kämpften zwei Handelssimulationen um den deutschen Markt: Der Patrizier und 1869. Letzteres kam leicht später heraus und es wurde in der Fachpresse allgemein als Verlierer dieses direkten Duells angesehen. Denkbar knapp allerdings, also ein guter zweiter Platz.

Kurze Zeit später fand das Spiel seinen Weg in mein Zuhause. Es benötigte 1MB RAM, womit mein Amiga zu der Zeit noch nicht ausgestattet war, aber schon ein paar Tage später konnte ich mich dann daran versuchen, in der Zeit des Imperialismus mein Glück zu machen. Also die ersten Schritte: ein gebrauchtes Schiff kaufen, eine Crew anheuern, ein paar billige Waren kaufen, einen anderen Hafen der Welt anlaufen und dort die Ladung mit möglichst großem Profit wieder abstoßen. Klingt einfach. Eine halbe Stunde später war ich allerdings pleite und das Spiel war vorbei.

Ok, er war da noch ein ganzes Stück jünger und es war der erste Versuch, was? Das Problem ist nur, dass es jedesmal so lief, inklusive direkt vorm Schreiben dieses Tests. Das Spiel ist einfach zu schwierig. Unmöglich.

Dabei folgt grundsätzlich alles bekannten Bahnen: Jeder Hafen hat billige Überschusswaren und eine Liste derjenigen, für die stolze Preise im Einkauf gezahlt werden. Alles andere kann dort auch losgeschlagen werden, aber dann natürlich für wenig Geld. Nur sind leider die Gewinnspannen grundsätzlich so niedrig, dass sie kaum zur Deckung der laufenden Kosten (Heuer für die Crew, Reparaturen am Schiff) reichen.

Besondere „Missionen“ sollen da weiterhelfen. London braucht dringend Teenachschub? Auf nach China oder Indien und hoffentlich schafft man den Rückweg, bevor die Ladung verdirbt. Odessa wird belagert? Waffen werden dort mit Gold aufgewogen. Oder aber, das eigene Schiff wird durch die Seeblockade der gegnerischen Mächte aufgehalten…

Normale Handelsrouten sind somit nicht profitabel genug, und spezielle sind zu riskant oder dauern einfach viel zu lange. Die Erfolgschancen sind entsprechend klein (unendliche Untertreibung).

All das ist besonders traurig, weil das Spiel durchaus seine positiven Aspekte hat. Die Grafik ist sehr gut. Alle „Orte“ in den Häfen werden im Adventurestil gezeigt, begleitet von passenden Multiple-Choice-Menüs. Eine originelle Idee.

Das gilt allerdings im Gegenzug nicht für die übrige Handhabung. Auf der Weltkarte, von wo aus die Schiffe kontrolliert und Häfen betreten werden, sind die erforderlichen Klickprozeduren völlig unintuitiv. Rechtsklick auf das Schiff, Linksklick auf den Hafen…. was auch immer?

Gerade weil das Wirtschaftssystem ziemlich unmöglich zu meistern ist, ist es um so schlimmer, dass 1869 sich vollkommen auf es konzentriert. Es keinerlei andere Nebenbeschäftigung für den Spieler, wie der politische Zweig in Der Patrizier oder Die Fugger 2. So ist der Spieler dazu verdammt, immer wieder am Handeln zu scheitern, ohne Ablenkung interessanterer Art.

Frage: Was hat die professionellen Tester dazu gebracht, das Spiel 1992 so gut zu bewerten? Status: Ungeklärt.

Bericht von MasterLee (18.04.2015) – PC (VGA)

1869 wurde Mohandas Karamchand Gandhi geboren. Um den schneller aus England besuchen zu können, wurde noch im selben Jahr Suezkanal eröffnet. Der den Indischen Ozean mit dem Mittelmeer verbindet. 1869 lag Österreich noch am Mittelmeer. Heute liegt Österreich nicht mehr am Mittelmeer, das hat aber nichts damit zu tun, dass es Max Design nicht mehr gibt. Aber eben dieses Max Design hat sich das Jahr 1869 als Titel für eines seiner Spiele ausgesucht, weil dort der Suezkanal eröffnet wurde, der für die Schifffahrt so wichtig ist. Mit Gandhi hat das Spiel weniger gemein, außer dass es auch recht gewaltfrei ist.

Aber worum geht es in diesem Spiel nun eigentlich? Am Anfang bekommt man etwas Geld. Mehr kann man sich bei der Bank holen. Für dieses Geld wird erstmal ein gebrauchtes Schiff gekauft. Später kann man sich auch neue kaufen, aber das ist am Anfang nicht lukrativ genug, außerdem dauert die Lieferung länger. Bei den Schiffen gibt es dann noch ein paar Feinheiten zu beachten, wie Rumpfmaterial, Laderaumgröße und benötigte Matrosen.

Wichtiger für die spätere Planung ist aber, von welcher Art das Schiff ist. Es gibt Segelschiffe und Dampfschiffe. Letztere haben nur eine begrenzte Reichweite. Allerdings muss man den Wind nicht einplanen, der in einer extra Windkarte im Spiel dokumentiert ist. Außerdem gibt es noch eine Strömungskarte. Merke: gegen den Wind und gegen die Strömung geht es nicht so schnell.

Haben wir ein Schiff bestellt müssen wir noch in die Kneipe und Matrosen anheuern. Nun heisst es ein paar Tage warten. Dann kaufen wir Waren, die wir versuchen in den Kolonien zu verticken, zum Beispiel Textilien laufen immer gut. In den Kolonien kaufen wir Dinge wie Edelholz und Kautschuk, die wir in Europa wieder verticken. Irgendwann haben wir vielleicht mehr Geld für ein größeres Schiff, oder um Lager in anderen Städten zu errichten. Oder wir gehen pleite, weil wir es uns nicht leisten können, ständig das Schiff zu reparieren zu lassen oder uns alles Geld abgenommen wurde, weil wir wieder versucht haben, einen Hafen anzulaufen, in dem Unruhen sind.

Was die Gestaltung angeht, so ist das Spiel recht einfach gehalten. Die Hälfte der Zeit klickt man unten irgendwelche Sätze an, während man oben handgezeichnete Grafiken bewundert. Übrigens, bis auf die Eingabe von Spieler-, Firmen- und neuen Dateinamen beim Speichern braucht man die Tastatur nicht. Alles ist nur mit der Maus gut spielbar. Dank der niedrigen Auflösung von 320x200 Pixeln sind alle wichtigen Kontrollen auch gut auf Android-Tablets zu erreichen (unter Dosbox). Für jeden Bereich wie Bank/Werft/Kontor usw. gibt es verschiedene Musik. Bei den Kontoren ist dies sogar je nach Kontinent unterschiedlich. Diese ist ebenso wie die Grafik recht gelungen, obwohl oder gerade weil diese nur Adlib ist. Die Musik lässt sich mit dem Adlib Tracker 2 genauer unter die Lupe nehmen.

Dateien

Box

Amiga (OCS)

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PC (VGA)

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Screenshots

Amiga (OCS)

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PC (VGA)

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Spielen

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Gameplay (MS-DOS)

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