Jagged Alliance 2

Firma:
Sir-Tech
Jahr:
1999
System:
PC (Windows)
Genre:
Strategie
Tags:
Science Fiction / Krieg
Sprache:
Englisch
Mittlere Wertung:
5/5

Meinung damals

Bereits der Vorgänger machte mich zum Herrn der Augenringe: Mehr durchzockte Nächte hat mich kaum ein Game gekostet! Das lag vor allem am unglaublich motivierenden Konzept – und daran hat sich glücklicherweise nichts geändert. Jede der drei Spielphasen (Söldnerauswahl- und Ausrüstung, taktische Planung der Einsätze und Rundenkamp) bietet für sich allein schon mehr packende Komplexität, als ein Mittagspausen-Rambo verkraftet, zusammen sollte das Trio eigentlich nur auf Suchtrezept ausgeliefert werden. Trotz einiger Defizite bei der Präsentation ist Jagged Alliance 2 daher für mich schon jetzt ein heißer Anwärter auf den Titel „Spiel des Jahres '99“.

Michael Trier, PC Joker 6/99 

Ja! Das ist es! Nach den etlichen Verzögerungen wollte ich schon nicht mehr dran glauben, daß es jemals kommen würde. Doch das Warten hat sich mehr als gelohnt. Sirtech scheint es wie keine andere Firma zu verstehen, unterschiedliche Genres miteinander zu verbinden. Die gelungene Mischung aus Strategie und Taktik, gespickt mit wirtschaftlichem Management und rollenspieltypischen Komponenten wie Charakterwerte und nicht zuletzt die Möglichkeit, ein Alter Ego zu kreieren, macht Jagged Alliance zum König aller rundenbasierten Strategiespiele.

Maik Wöhler, Power Play 6/99 

Bericht von Mr Creosote (29.06.2024) – PC (Windows)

Das nordamerikanische Jagged Alliance war vor allem in Deutschland ein Erfolg, während auf Sir-Techs Heimatmarkt ironischerweise die britische Produktion UFO: Enemy Unknown (unter blödem geänderten Namen) dominierte. Insgesamt gerechnet reichte es immerhin zu einem zweiten Teil. Der wiederum zu einem Hit in Deutschland wurde.

Durchaus verdient, denn viel weiter konnte man das Söldnergenre wohl kaum treiben. Dabei gibt es im Wesentlichen „nur“ eine spielerische Kernänderung. Der strikte Ablauf nach Tagen ist aufgebrochen zugunsten einer kontinuierlichen, voll flexiblen Zeitplanung. Was aber viel mehr ändert, als man erstmal meinen mag.

Insbesondere erhöht es den Sog natürlich nochmals ungemein. Es passiert dauernd etwas. Selbst wenn ein paar Söldner vielleicht gerade angeschlagen im Lazarett liegen, irgendwo Milizen ausgebildet werden oder sonstige nicht-interaktive Dinge anliegen: Es können mehrere Einsatztrupps parallel unterwegs sein. D.h. irgendwo zieht immer jemand herum und es gibt etwas zu kämpfen. Von Hausecke zu Hausecke eines Dorfes zu schleichen. In eine Mine vorzudringen. Sich angreifenden Wildkatzen zu erwehren. Wann soll man da überhaupt noch abspeichern und eine Pause einlegen?

Die Aktionsvielfalt während der taktischen Rundenkämpfe sorgt für einen guten Teil des Spaßes. Schleichen, robben, Zäune aufschneiden, sich auf Dächer schwingen, die hintere Mauer sprengen, während die Wächter am regulären Tor warten. Im Dunkel der Nacht, mit entsprechenden Sichtgeräten und Schalldämpfern ausgestattet, einen Armeestandort ausräuchern. All das durchgeführt, im Unterschied zu erwähnten UFO, von handverlesenen Söldnern mit jeder Menge Charakter.

Charakter, der sich in den zarten Rollenspiel- und Plotanteilen niederschlägt. Hier und da trifft man mit Namen geadelte NPCs, die sich einem anschließen oder als Questgeber fungieren können. Ob man diesen Nebensträngen, diesen Möglichkeiten folgt, bleibt dem Spieler überlassen. Faktisch weniger optional wird es allerdings bei den lokal ansässigen Händlern. Denn deren Waren braucht man doch ziemlich dringend.

Womit sich dann doch ein paar kleine Schwächen einschleichen. Mit steigender Spielzeit erhöht sich auch der Anteil rein logistischer Planung. Also Grüppchen herumziehender Söldner, gerne billig zu habende mit nur geringen Fähigkeiten, die ausschließlich dazu da sind, Dinge von A nach B zu bringen. Besagte Händler nach ihrem wechselnden Angebot abzuklappern. Ebenso wie das langwierige Absuchen frisch eroberter Sektoren, in denen man wirklich jede Tür, jede Kiste manuell öffnen sollte, eher nervig. Denn letztlich liegt in nichts davon eine spielerische Herausforderung. Es ist von Anfang an rein mechanische Routine.

Dazu kommt, dass sich die Computergegner nicht allzu intelligent verhalten. Die Schwierigkeitsgrade definieren sich über das dem Spieler verfügbare Budget sowie die für ihn und die Gegner verfügbare Ausrüstung. Schlauer werden feindliche Soldaten jedoch nicht. Merklich sind einige davon fest an bestimmte Plätze in Sektoren gebunden, die dem Spieler das Erstürmen schwer machen. Aber immer, wenn die Simulation übernimmt, die künstliche Intelligenz anhand der einprogrammierten Kriterien selbst Enscheidungen trifft, wird’s leider nur durch die Gegnermasse gefährlich. Die Standardtaktik ist, seine eigene Gruppe irgendwo gut zu verschanzen. Die Feinde mit ein bisschen Krach anzulocken. Und schon stolzieren diese direkt in die offensichtliche Falle. Immer schön einer nach dem anderen. Miteinander kommunizieren sie wohl nicht – völlig unabgestimmtes Vorgehen.

Schade, trotzdem bleibt es insgesamt fordernd genug. Grafisch wurde das Spiel zur Veröffentlichung breit kritisiert. Heute kann man sich glücklich schätzen, dass man sich keiner der damalig trendigen 3D-Engines bedient hat. Die fein gepixelten Umgebungen und weich animierten Sprites kann man sich sehr gut angucken. Anders als eben das, was damals als modern galt.

So macht Jagged Alliance 2 heute ebenso viel Spaß wie damals. Dank der von Fans entwickelten und weiterhin gepflegten Stracciatella-Engine sogar problemlos auf so ziemlich jedem System und in höheren Auflösungen (ursprünglich war man auf 640x480 beschränkt), die mehr Überblick verschaffen. Der – zumindest hierzulande – quasi legendäre Status ist nachvollziehbar. Das Genre mag immer nischig gewesen sein, doch dessen Fans sind nun mal sehr engagiert und treu.


  1. Quest:

    Aufgabe, die der Spielercharakter erhält, häufig in Rollenspielen.  ↩︎

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