Dragon's Lair

Firmen:
Advanced Microcomputer Systems / Cinematronics
Jahr:
1983
System:
Arcade
Genre:
Action
Tags:
Cartoon & Comic / Kämpfen / Humor / Schwerter & Magie
Sprache:
Englisch
Mittlere Wertung:
2.5/5

Meinung damals

Die Spielidee, die ja, wie bekannt, aus der „Spielhalle“ kam, ist eigentlich sehr gut auf den Heimcomputer in Form von Spannung und Spaß umgesetzt worden! Über die Spielmotivation brauche ich mich nicht lange auszulassen: Für mich ist es ein Spiel, das sehr bald zu einem Klassiker werden wird.

Manfred Kleimann, ASM 08/86 

Dragon’s Lair ist eigentlich nur eine etwas frustrierende Aneinanderreihung simpler Geschicklichkeitsspiele. Positiv ist zu bemerken, daß man spieltechnisch mehr machen kann als beim Automaten-Original. Ohne die Super-Grafik wirkt das ganze Spiel aber etwas ärmlich

Heinrich Lenhardt, Happy Computer 10/86 

Auf der Verpackung steht, daß Grafik, Animation und Geräusche rund 130 MByte beanspruchen. Ich habe aber den EIndruck, daß dabei für das Spielprinzip nur ein paar jämmerliche Bytes übrig geblieben sind.

Michael Hengst, Power Play 03/89 

Bericht von Mr Creosote (10.08.2013) – Arcade

Auch wenn es durchaus üblich war, dass Spielhallenautomaten technisch eindrucksvollere Erfahrungen boten als ihre zeitgleichen Gegenstücke auf Heimgeräten, haben die meisten doch eben diese Fähigkeit zu beeindrucken mit der Zeit eingebüßt. Sich auf für die Entstehungszeit bemerkenswerte audiovisuelle Präsentation zu verlassen funktioniert in dem Moment nicht mehr, in dem Besseres möglich wird – nichts altert so unvorteilhaft wie die gestrige technische Sensation. Doch dann gab es auch immer mal wieder diejenigen Spiele, die ihrer Zeit so weit voraus waren, dass der Rest der Welt Jahrzehnte brauchte auszuholen. Heute, im Jahr 2013, sieht Dragon’s Lair immer noch so eindrucksvoll aus wie vor 30 Jahren: Flüssig animierte Cartoons mit klarer Linienführung altern einfach nicht. Man denke beispielsweise an Tom-&-Jerry-Cartoons – allein vom Aussehen entziehen sie sich einer zeitlichen Einordnung.

Ohne Eingriff des Spielers wird Dirk es tun
Ohne Eingriff des Spielers wird Dirk es tun

Doch natürlich hat der Rest der Welt nun qualitativ aufgeschlossen. Die wirklich atemberaubende Erfahrung, die das Spiel geboten haben muss, als es zuerst auftauchte, kann man emotional so nicht mehr nachvollziehen. Doch der Kopf kann sie erklären: Die typische Pixelgrafik von 1983 war nicht notwendigerweise schlecht, aber sie war doch meist zugegebenermaßen simpel. Die coolste Sache überhaupt war zu der Zeit pseudo-dreidimensionale Gitternetzgrafik auf speziellen Bildschirmen. Und dann kam plötzlich das.

Wie war ein solch beispielloser Qualitätssprung möglich? Hatte Jemand einen neuen Wunderchip erfunden, dessen Durchsatz um mehrere Größenordnungen höher lag als alles vorher erreichbare? Nein, im Inneren des Automaten werkelte ein normaler Z-80, wie er auch in diversen Heimcomputern wie dem TRS-80 oder dem ZX Spectrum zu finden war. Tatsächlich war es stattdessen der Massenspeicher, der diese visuelle Qualität und selbst glasklare Sprachausgabe ermöglichte: Das Spiel befand sich auf einer Laserdisc, was für damalige Verhältnisse praktisch unbegrenzten Speicherplatz bedeutete. Doch damit ist ja nur die Hälfte der Sache erklärt, nämlich wie man einen kompletten Cartoon überhaupt unterbringt; wie er jedoch in Echtzeit gerendert werden konnte, das erklärt auch keine Laserdisc.

Womit wir bei dem Haar in der Suppe angekommen wären, das damals wie heute die Welt in zwei Lager spaltet. Dragon’s Lair rendert die Szenen eben einfach nicht in Echtzeit! Es ist wirklich nur ein Zeichentrickfilm, der abgespielt wird. Je nach Eingabe des Spielers springt er einfach zu einer anderen vorgefertigten Version des Verlaufs der gleichen Szene, die allesamt auf der Laserdisk vorliegen.

Einige Gefahren sind eher absurder Natur
Einige Gefahren sind eher absurder Natur

Auch die technische Herausforderung, solche Sprünge auf einem optischen Medium nahtlos erscheinen zu lassen, sollte man nicht unterschätzen (auch wenn es nicht genau die gleiche Technologie ist, versucht mal, auf eurem DVD-Player ein bestimmtes Kapitel anzuspringen – es dauert immer einen merklichen Moment). Doch vor allem bedeutet es, dass die Freiheitsgrade des Spielers stark eingeschränkt sind. Meist sind die vier Richtungsschalter und der eine Feuerknopf schlicht und einfach funktionslos. Nur zu ganz bestimmten Zeitpunkten kann man überhaupt eine Variation auslösen – d.h. den Cartoon in einen anderen Pfad als den vorgegebenen, der abgespielt wird, wenn der Spieler nichts macht, springen lassen.

Tatsächlich stellt es sich so dar, dass es nicht mal klar ist, wann Eingaben überhaupt akzeptiert werden (und notwendig sind). Das könnte man insofern positiv interpretieren, dass die Interaktionen völlig nahtlos Teil des Cartoons sind, aber gleichzeitig wird die Sache dadurch leider frustrierend schwierig. Denn die Eingriffsmöglichkeiten zu nutzen, ist essentiell, da der Standardpfad eigentlich immer direkt zum Tod des Spieleravatars führt.

Dieser nennt sich Dirk der Kühne, ein Ritter, der eine Prinzessin aus den Fängen eines typischen Bösewichts befreien soll. Das Spiel teilt sich in konsekutive Szenen auf, in denen jeweils Dirks Leben bedroht wird. Der Tonfall ist dabei bewusst albern, so dass Dirk immer wieder von Tentakeln zu Tode gewürgt wird, in Flammen aufgeht, Stromschläge bekommt oder einfach in einen grundlosen Schlund stolpert. Die einzig mögliche Taktik des Spielers ist Versuch & Irrtum: Betritt man zum ersten Mal eine bislang unbekannte Szene, stirbt man eigentlich garantiert sofort, denn anders erfährt man überhaupt nicht, was hier eigentlich passieren kann. Was immer noch nicht unbedingt die Frage beantwortet, wie sich dieser Tod vermeiden lässt; also nicht nur, was man tun muss, sondern, wie erwähnt, eben auch, wann man es auszulösen hat. Dirk kann beispielsweise versuchen, einer Falle auszuweichen, indem er zur Seite springt oder der Gefahr auch mit gezogenem Schwert entgegentreten. Doch nicht alles führt zum gewünschten Erfolg und einige der erfolglosen Überlebensversuche werden auch immerhin mit besonderen Todesanimationen belohnt.

Dachtet ihr echt, das Schwert würde in dieser Situation helfen?
Dachtet ihr echt, das Schwert würde in dieser Situation helfen?

In gewisser Weise ist Dragon’s Lair damit ein ziemlich schlechtes Spielhallenspiel, denn die Spieler bekommen nicht genug für ihr Geld geboten. Dass solche Spiele schwierig sind, liegt in der Natur der Sache, da es natürlich immer ihr Ziel ist, den Spielern möglichst viele Münzen zu entlocken. Dass ein geübter Spieler stundenlang mit einer einzigen Mark spielt, entlarvt ein schlecht designtes Spiel. Doch das andere Extrem ist kaum erstrebenswerter. Liegt die Spielzeit, die man sich pro Geldstück erkauft, nur bei wenigen Sekunden, ist man wahrscheinlich nicht bereit, überhaupt noch ein weiteres zu investieren. Und genau das passiert in diesem Spiel, denn die Szenen sind, wie erläutert, nicht „lösbar“ ohne sie wirklich alle auswendig zu lernen. Selbst dann ist der Erfolg allerdings immer noch geradezu unmöglich, da es immer noch genug Fehlerpotential gibt, alle Knöpfe genau wie vorgesehen in allen Szenen zu drücken.

Schaut man unter die grafische Präsentation, könnte man das Spiel als den Versuch bezeichnen, eine etwas weniger statische Evolution der damals populären Spielbücher zu erschaffen. Jede wohldefinierte Situation, in die der Spieler kommt, bietet ihm eine klar begrenzte Anzahl an Handlungsmöglichkeiten. Alle außer einer führen allerdings zum sofortigen Tod; in diesem Sinne ist es also keine besonders gute interaktive Geschichte. Ansonsten könnte man Dragon’s Lair allerdings auch als Urahn der „Railshooter“ sehen. Ähnliche Technik ermöglichte zahlreiche große Hits, als optische Speichermedien im Heimbereich bezahlbar wurden, also ca. zehn Jahre später. Man denke an Microcosm oder Star Wars: Rebel Assault; sie sind grundlegend nichts anderes. Und wie Dragon’s Lair waren auch ihre Anhänger nicht primär wegen ihrer Spielprinzipien überzeugt worden.

Wir haben hier also ein Spiel, das eigentlich nicht gealtert ist, doch nicht nur seine Vorzüge, sondern auch seine Probleme sind die gleichen geblieben. So toll sich die Idee eines interaktiven Cartoons theoretisch anhören mag, so ist Dragon’s Lair doch praktisch unspielbar. Die große Ironie liegt jedoch darin, dass es trotzdem auf zahllose Heimcomputersysteme umgesetzt wurde: Bis viele Jahre später die Amigaversion (stark gekürzt und mit merklich ausgedünnten Animationen, aber in der statischen Bildqualität immerhin nah am Original) herauskam versuchte man in diesen Computerversionen noch nicht mal, das nachzubilden, was das Spiel eigentlich (positiv) ausmachte. Stattdessen setzte man das schwache Spielprinzip um und machte dazu vollkommen neue (d.h. qualitativ keinesfalls vergleichbare) Grafik dazu. Warum hätte man das dann wohl noch spielen sollen? Da sollten wir lieber die Originalversion in Erinnerung behalten.

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