Dime City

Firmen:
Cyberdyne Systems / Starbyte
Jahr:
1995
Systeme:
PC (DOS) / PC (VGA)
Genres:
Strategie / Action
Tags:
Geschäftswelt / Cartoon & Comic / Humor / Multiplayer / Polizei & Verbrecher / Politik / Adult
Sprache:
Deutsch
Mittlere Wertung:
2/5

Meinung damals

Es ist dem Spiel anzumerken, daß die Programmierer laufend neue Ideen und Spaß an deren Realisierung hatten – man kann sich die „Wie wär’s denn, wenn wir …“-Diskussionen lebhaft vorstellen. Dieser Übereifer hat leider dazu geführt, daß Dime City mit Ballaststoffen aufgebläht wurde, die vor allem den Einsteigern schwer im Magen liegen dürften. Andauernd baumelt über einem ein Damoklesschwert namens „Meine Güte, ich werd' doch nichts vergessen haben…“. Letztlich resultiert der langanhaltende Spielspaß aus dem Zeichentrick-Drumherum und dem lebhaften Gameplay, dessen Dimension man aber erstmal verdauen muß.

Petra Maueröder, PC Games 12/95 

Das kriminelle Geschehen ist in der Praxis sogar noch komplexer als hier dargestellt, dazu hat man zahlreiche Sonderereignisse, witzige Animationen und gagreiche Gespräche eingefügt. So unterhaltsam und abwechslungsreich wie das Gameplay ist die (immerhin hübsche bunte) VGA-Grafik zwar leider nicht, aber die komfortable Steuerung hat dem PC-Paten bedingungslos Treue geschworen. […] Und die Moral von der Geschichte? Verbrechen lohnt sich wieder – jedenfalls in der digitalen Starbyte-Form!

Manfred Duy, PC Joker 12/95 

Die Spieloberfläche erinnert an Mad TV, Grafikanleihen und abgedroschenes Machogehabe an Biing, das Unterweltsthema riecht nach Der Clou und die zweigeteilte Karriere in Unter- und Oberwelt hat einen Hauch Pizza Connection. Wen diese Abkupfer-Aura samt plattem Witz um pralle Brüste nicht stört und obendrein auf ein Spiel-Milieu mit Sex & Crime steht, darf’s hier ganz doll treiben. Boah eye! Spielerisch ist Dime City leider ebenso halbstark wie die Technik

Monika Stoschek, PC Player 2/96 

Und wieder mal wurde das Wort „komplex“ dahingehend interpretiert, daß in einem einzigen Spiel möglichst viele Features und Menüpunkte unterzubringen sind. Gags und Animationen strahlen den Charme einer schlechten Didi-Hallervorden-Parodie aus, die nur vordergründig humorvolle Simulation ist am ehesten mit Greenwoods Planer vergleichbar. Anfangs vom guten Intro und den ansprechend gezeichneten Grafiken ordentlich motiviert, durchforstet Ihr nach ein paar Stunden Spielzeit die immer gleichen Räume des Hauses, baggert die Büroblondine an, heuert neue Mittäter an, überfallt Einrichtungen und erwartet sehnsüchtig den nächsten Teil von Edes Aktenzeichen XY , denn der ist spannender.

Michael Galuschka, Power Play 2/96 

Bericht von Mr Creosote (01.07.2023) – PC (DOS)

Mad TV transformierte das urdeutsche Wirtschaftssimulationsgenre mit einem einzigen Handstreich. Wo sich vorher staubtrockene Zahlenwüsten immer wieder überraschend gut verkauft hatten, „musste“ es danach scheinbar möglichst absurd und illustriert im buntestdenkbaren Comicstil zugehen. Ein Stilwechsel, dem sich (mit ein paar Jahren Verzögerung) alle lokalen Entwickler anschlossen. Sprünge bei deren Spieldesigntalent fanden dabei aber natürlich nicht statt. So schauen wir in Dime City seitlich in ein Hochhaus und wählen Menüpunkte in Form von Bürotüren an. Doch jenseits solcher Äußerlichkeiten finden sich keine entscheidenden Ähnlichkeiten.

Es gilt, ein mafiöses Unternehmen an die Spitze der Unterwelt zu führen. Dies umfasst die üblichen Genreaktivitäten wie Schutzgelderpressung, Einbruch und Prostitution. Wobei all diese Aktivitäten Manpower und Ausrüstung zur Durchführung benötigen, für die man also zu sorgen hat. Was sich dann allerdings maximal buchhalterisch und umständlich darstellt. Wo sind Geschäfte, die es sich zu überfallen lohnt, an welcher Straßenecke könnte man seine Damen anschaffen gehen lassen? Auf unübersichtlichen Stadtplänen scrollt und klickt man herum, bis man passende Ziele per Zufallsprinzip aufspürt. Wie viele Leute welcher Profession und welche Werkzeuge man benötigt, wird dann einfach angezeigt und man darf alles gemäß Einkaufsliste besorgen.

Da sie praktisch die Kernaktivität des Spiels darstellt, verdient diese Abfolge näherer Betrachtung. Es ist so ziemlich alles falsch gemacht. Das wirre Suchen von Zielorten ist frustrierende Beschäftigungstherapie, klaut einem nur Zeit. Und dann, wenn die eigentlich interessante Spielentscheidung folgen sollte, also bei der Planung der Unternehmung, wird einem die Ideallösung direkt in die Hand gedrückt, die man dann nur noch mechanisch umsetzen darf. Eigene Einschätzungen zu treffen und diese über die Zeit mit steigender Erfahrung zu optimieren, wird den Spielern nicht zugetraut.

Daneben finden sich zahlreiche weitere Wege Geld zu verdienen, von Termingeschäften mit Waffen bis hin zur Börsenspekulation. Nur läuft dies eben alles wie bereits in den Wirtschaftsspielen der 80er Jahre bekannt ab und ist keinesfalls unterhaltsamer dadurch, dass man mit „Sklaven“ oder sonstwie bezeichneten „Waren“ handelt. Ebenso flach fällt das anfangs große Aufhebens um das legale Scheingeschäft als Front, denn letztlich lässt sich dann doch alles durch Bestechung wieder geradeziehen, sollte mal etwas schiefgehen. All diese Optionen fügen dem Spiel als Solches nichts hinzu, da sie einfach nur nebeneinander existieren, nicht ineinandergreifen, aufeinander aufbauen oder sonstwas.

Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Mitte der 1990er Jahre galt es im deutschen Wirtschaftsgenre eine kurze Zeit lang auf jeden Fall als angesagt, übersexualisierte weibliche Charaktere im deformierten Comiclook zu zeigen. Man erinnere sich, Computerspiele richteten sich damals praktisch ausschließlich an männliche Teenager, die tiefliegende Probleme hatten, in der echten Welt mit dem anderen Geschlecht zu interagieren. Dime City lag diesbezüglich also voll im Zeitgeist.

Dem diesbezüglich ohnehin schon schlechten Geschmack schlägt dann noch das formelle Spielziel den Boden aus. Per Fernzündung soll ein ominöser Über-Pate ins Jenseits gesprengt werden. Wo findet sich der Aktivierungscode? Auf dem nackten Körper seiner Sekretärin. Die einen aber erst nach Geschenken und Flirtattacken ranlässt, die man auslösen kann, nachdem man zur Eröffnung eines Gesprächs ihren Hintern begrapscht hat. Autsch! Dass Starbyte gegen einen kleinen Aufpreis anbot, einen Nacktpatch auch für andere Grafiken zuzusenden, passt ins Bild.

Der Rest des Kladderadatschs passt nahtlos ins Gesamtbild. Die Sabotageaktionen auf Konkurrenten? Münden in einer Actionszene im Stil Cannon Fodders, in der man seine steuerbare Figur erstmal suchen muss (!) und auch im weiteren Verlauf manuell zu scrollen (!) hat. Drei Stücke Aufzugsmusik dudeln permanent in Endlosschleife. Und überhaupt: Was bringen „lustige“ Hintergrundgrafiken, wenn sie primär das Wichtige pro Bild verschleiern? Spätestens nach einer Spielstunde wünscht man sich im Sinne der Effizienz klarere Icons (oder sogar im Notfall Textmenüs) zurück.

Es hat schon seinen Grund, dass Dime City heute weitgehend unbekannt ist. Man bildete sich entwickler- und marketingseitig wohl ein, eine lustige Verpackung würde das Spiel sympathisch machen. Unabhängig von zeitgeistiger geschmacklicher (Neu-) Bewertung, über die man sich eigentlich auch schon nicht streiten kann, muss man aber leider feststellen, dass hier wirklich so überhaupt kein unterhaltsamer Kern drinsteckt. Und die Breite der Spieloptionen noch lange keine Tiefe herstellt.

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