Die Höhlen der Schneehexe

Andere Titel:
Caverns of the Snow Witch
Firma:
Puffin Books
Jahr:
1984
System:
Spielbuch
Genre:
Rollenspiel
Tags:
Kämpfen / Schwerter & Magie / Textbasiert
Sprachen:
Englisch / Deutsch
Mittlere Wertung:
2/5

Bericht von Mr Creosote (23.09.2023) – Spielbuch

Den großen kommerziellen Erfolg ihrer Abenteuerspielbücher ergänzten die Gründer des Games Workshop in ihrem Heimatland Großbritannien mit einer zweimonatlichen Zeitschrift zum Thema. Darin wurde zuerst das erste Buch in zwei Teilen abgedruckt. In folgenden Ausgaben fanden sich dann dort neue Miniabenteuer. Das erste davon nannte sich Caverns of the Snow Witch. Doch auch die Buchreihe brauchte Nachschub. So dass die Geschichte auch dort veröffentlicht wurde – auf doppelte Länge erweitert – und so unter dem Titel Die Höhlen der Schneehexe auch den Weg nach Deutschland fand.

Der Abenteurer wird von einer Gruppe Händler beauftragt, einen Yeti, der ihre Karawanen bedroht, unschädlich zu machen. Dabei erfährt er von der legendären Schneehexe, die hier in ihren Höhlen böse Pläne schmiedet. Ihre Schatzkammern sollen prall gefüllt sein. Endlich die Gelegenheit, der Welt Gutes zu tun!

Wie erweiterte Autor Ian Livingstone seine abgeschlossene Geschichte für die Buchversion? Was vormals Finale war, der Kampf mit der Schneehexe, ist nun der klimaktische Höhepunkt in der Mitte. Dahinter hängt er 200 neue Abschnitte, in denen ein langer Fußmarsch zurück in die Zivilisation beschrieben wird. Auf den ersten Blick könnte das funktionieren.

Bereits in der Ursprungsversion bestand die Geschichte eigentlich aus zwei Episoden. Den Anfang bildete die Suche nach dem Yeti in der Eiswüste. Darauf folgte dann der Abstieg in die Höhlen und der Kampf mit der Schneehexe. Im Buch, wenn man gerade stolz nach dem Sieg über die Schneehexe bereits mental das Gold zählt, und sich nur noch Sorgen darüber macht, ob man das überhaupt alles tragen kann, wird der Rückweg plötzlich zum unerwarteten Problem. Eigentlich eine schöne Wendung des üblichen Dungeoncrawls, der sich mit sowas normalerweise nicht aufhält.

Problematisch in allen Episoden ist die schlechte Ausbalancierung des Schwierigkeitsgrades. Zu Kämpfen mit gegen Gegner der Gewandtheitsstufen 10–12 kommt es nicht nur einmal und nicht nur auf falschen Pfaden, sondern mit hoher Regelmäßigkeit und mehrfach unvermeidbar. Dadurch erreichen viele ehrliche Spieler eventuell nicht einmal die Höhlen, da die Wahrscheinlichkeit, vorher umzukommen, ziemlich hoch ist.

Dazu kommt eine große Häufigkeit reiner Glückswürfe. Was sogar noch uninteressant ist als harte Kämpfe. Und Wahlmöglichkeiten, die an sich ebenso rein verbrämte Glücksproben sind. Welchen der drei Illusionisten sollte man angreifen? Wie schlägt man die Schneehexe in Stein-Schere-Papier? Nein, das ist kein Witz.

Und dann kommt man irgendwann zum buchexklusiven Material. In globalen Strategiespielen wie Civilization spricht man gerne vom Problem des langen Endspiels. Damit ist gemeint, dass man noch Stunden investiert, obwohl der Ausgang bereits längst bekannt ist.

Dies trifft letztlich äquivalent auf dieses Buch zu. Nur werden neue Spieler es nicht gleich bemerken, wenn sie denn überhaupt endlich mal so weit kommen. Das Entkommen aus den Höhlen und der folgende Gewaltmarsch zurück in die Zivilisation ist eine reine Zermürbungsprobe. Deren Ausgang dann auch noch davon abhängt, ob man die korrekten Objekte lange vorher mitgenommen hat.

Livingstone gestaltet eine weitgehend lineare Abfolge größtenteils unausweichlicher Begegnungen, die langsam aber sicher die Werte des Spielers erodieren. Bis man schließlich (sofern der Tod nicht vorher eingetreten ist) Endprüfungen bestehen soll, die nur mit bestimmten Mindestpunkten zu schaffen sind. Und dazu natürlich auch wieder mehrere Glückswürfe bedingt.

Der Plot oder der Schreibstil sind nicht das Problem. Die Schneehexe, die ihre Diener mit magischen Halskrausen kontrolliert, ist im Rahmen des Low Fantasy ziemlich cool. Einige Begegnungen und Kreaturen sind auch recht spannend. Dass man eine Zeit lang mit zwei Kumpanen gemeinsam reist ist in diesem Genre, das man beinahe ausschließlich als „einsamer Wolf“ bestreitet, ist ebenfalls schön.

Und trotzdem muss man einfach eingestehen, dass Livingstone leider faul wurde, als es um die Hauptaufgabe des Buches ging. Er hat es zu schwierig gemacht und das leider mit den falschen Mitteln. Indem er die Spieler mit derart viel Blödsinn konfrontiert, dass es kaum vorstellbar ist, wie man bitte bei Beachtung der Regeln überhaupt gewinnen soll. Mir ist das nie gelungen. Weder in den 80ern, noch in neueren Zeiten. Dies ist wohl der Punkt, an dem der Autor wirklich im Fließbandmodus angekommen war.

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