Amazon

Firma:
Telarium
Jahr:
1984
System:
Apple II
Genre:
Adventure
Tags:
Umsetzung eines anderen Mediums / Textbasiert
Sprache:
Englisch
Mittlere Wertung:
4/5

Meinung damals

Bei Amazon wird den Spielern von der Story und vom Spielgeschehen her eine Menge geboten. Schließlich seien noch die gute Grafik, der hervorragende und witzige englische Text, das excellente Beipackmaterial (von der Geheimakte bis zur Landkarte), die Musik und die Action-Sequenzen erwähnt, die Amazon zu einem Adventure-Erlebnis machen, das man so schnell nicht vergißt.

Boris Schneider, Happy Computer Sonderheft 3/85 

Bericht von Mr Creosote (06.07.2024) – Apple II

Als es kurzzeitig so aussah, als würden die Welt der Computerspiele und Romane miteinander verschmelzen, wurde das Label Telarium aus der Taufe gehoben. Ziel war es, Textadventures in Kooperation mit etablierten Autoren zu vermarkten. Als das Management mit Michael Crichton, bereits ein weltweit bekannter Bestsellerautor, in Kontakt trat, lief es anders als gedacht. Crichton hatte bereits selbst mit der Entwicklung eines Spiels angefangen, sogar einen Programmierer angeheuert. Schließlich kam man zu einer Einigung, dieses Spiel unter dem Telarium-Banner zu veröffentlichen, und die Firma durfte letzten Input geben. Durch die Entstehungsgeschichte ist die originale Version Amazons für den Apple II ein Unikum, dass sie nicht auf der Telarium-Engine basiert. Nur die Umsetzungen auf andere Systeme wurden darin geschrieben.

Nicht, dass es einen entscheidenden Unterschied aus Spielersicht macht. Crichtons Spiel ist ein weitgehend illustriertes Textadventure mit recht rudimentärem Parser. Zur Entstehungszeit war Expedition Kongo sein neuester Roman. Amazon orientiert sich daran, macht aber kleine Änderungen, da die Adaptionsrechte bereits verkauft waren. Statt Afrika bereist man also den südamerikanischen Regenwald. Trifft auf mörderische Affen, primitive Ureinwohner und Guerillas. Es ist eine Welt, in der niemand, inklusive dem Protagonisten, sich wundert, wenn ein Papagei nicht nur menschliche Sprache imitieren, sondern eine echte Unterhaltung führen kann. Und dann zu einem unersetzlichen Mitstreiter wird, der nicht nur aktiv mithilft, sondern auch mit seinen sarkastischen Kommentaren unterhält.

Die Plotstruktur Expedition Kongos eignet sich gut für eine Computerspielumsetzung. Der Roman fällt ins klassische Abenteuergenre; die Protagonisten schlagen sich durch den dichten Dschungel, sind allerlei Gefahren ausgesetzt, wie es auch im Textadventuregenre bereits üblich war. Dazu gesellt sich Crichtons typische Faszination für semi-futuristische technische Gadgets und heraus kommt in Amazon eine spannende Mischung.

Sehr hilfreich erweist sich hierbei, dass basischen Erzählmustern gefolgt wird. Das Spiel beginnt mit einer kurzen Bildübertragung aus dem Amazonasgebiet. Tote Körper. Plötzlich springt eine maskierte Person in Richtung Kamera und zerstört diese. Der Protagonist wird ins Büro seines Vorgesetzten zitiert. Man soll die nächste Expedition dorthin anführen. Viel Erfolg!

Bevor man aber in Südamerika ankommt, muss noch Ausrüstung beschafft und eine Mannschaft zusammengestellt werden. Dies fungiert quasi als Einführung ins Spiel. Es erklärt einem das Interaktionsmodell ohne dass allzu viele Gefahren lauern. Und es setzt den nächsten Schockmoment der Geschichte, wenn der erhoffte Experte für die Region tot in seinem Büro liegt. Dann geht’s los in die fiktive Welt wilder Tiere (inklusive eines Flusspferdes, das wohl aus dem Zoo entflohen ist), mörderischer Kannibalen, bröckelnder Seilbrücken und einem Vulkan, der permanent drohend am Horizont zu sehen ist.

Echte Rätsel sind an einer Hand abzuzählen. Die drei Schwierigkeitsgrade unterscheiden sich nur in der Anzahl der Todesfallen. Ob man im Dschungel auf solche trifft ist weitestgehend vom Glück abhängig. Wobei das Spiel schon klare Richtungsanweisungen gibt, die je nach Schwierigkeitsgrad sogar stimmen mögen. Die Zuverlässigkeit des Papageien variiert. Die per Satellitentelefon übermittelten Anweisungen sind dagegen grundsätzlich zuverlässig. Anweisungen, die außerdem eine Dringlichkeit vermitteln, auf Gefahren aufmerksam machen, sowie die beschränkte Zeit ins Gedächtnis rufen (zur Neige gehende Vorräte, der bevorstehende Vulkanausbruch…).

So wird das Spiel zur atemlosen Vorwärtsbewegung. Zu einer Zeit, als niemand privat ein Mobiltelefon besaß und ganz sicher keinen GPS-Gerät in der Tasche hatte war der Gedanke, sich im Dschungel mittels der Kombination aus großer gedruckter Karte aus der Schachtel sowie auf dem Bildschirm ausgegebenen Koordinaten atemberaubend. Ein Nachtsichtgerät überzustreifen, um aus einem Rebellencamp zu entfliehen, ist immer noch eine spannende Szene. Und schließlich kommt noch der Klassiker des Genres, man findet eine verlorene Stadt.

Waren die zwei einfachen Actionszenen, wahrscheinlich auf Telariums Mist gewachsen, um Amazon an ihre anderen in der Entwicklung befindlichen Spiele anzugleichen, notwendig? Natürlich nicht. Immerhin kann man nicht verlieren und sie zu überwinden, ist nicht wirklich schwierig. War es eine gute Idee, den ersten Flug manchmal rein zufällig das Spiel scheitern zu lassen? Ebensowenig. Da zeigen sich natürlich Michael Crichtons Anfängerstatus als Spieldesigner sowie die mangelnden Designstandards der Zeit.

Im Großen und Ganzen macht das alles nichts. Amazon ist ein gelungenes Spiel. Angeblich wurden 100.000 Exemplare verkauft. Damit spielte es nicht ganz in der Liga von Infocoms The Hitchhiker's Guide To The Galaxy, war aber immer noch ein ordentlicher Hit. Hieß man jedoch Michael Crichton, dann hatte ein solcher aber keinen Einfluss auf das eigene Bankkonto. Er kehrte erst mehr als zehn Jahre später zum Spieldesign zurück. Immerhin behielt er Amazon aber stolze in seinem Lebenslauf, bis er unerwartet verstarb.

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